'Ein teuflischer Zeitvertreib, der Neid, Groll und Bosheit wachsen läßt, und manchmal zu Streit, Mord, Totschlag und großen Blutverlust führt.' Ein wirklich gefährlicher Zeitvertreib also, der hier auf der Frankfurter Buchmesse propagiert wird. Und weil er so gefährlich ist, hat man ihn möglichst so weit weggeschafft vom Messebetrieb, daß er den Geistesmenschen keinen Tort antun kann. Gefährlich findet Stubbes nämlich nicht das Lesen, Schreiben oder Verlegen, gefährlich findet er das Fußballspiel. Dem hat man als literarisches Aufwärmtraining für 2006 eine ganze Halle leer geräumt. Und leer ist sie auch noch. Es gibt enorm viel Platz. Die Kinder der Buchhändler und Schulklassen spielen Tischfußball. Es gibt Bier. 250 Fußballbücher liegen aus. In einem mittelgroßen Käfig kicken Schüler. Am Sonntag trifft auf diesem Feld die deutsche Nationalmannschaft (sechs Mann hoch angeführt vom Buchpreisgewinner Arno Geiger) auf die koreanische. Die wollen Rache für den 25. Juli 2002, das verlorene Halbfinale in Seoul (1:0, Ballack). So etwas gab's schon mal, beim Ungarn-Schwerpunkt. Die Magyaren nahmen Rache für das Wunder von Bern und schossen die Deutschen (angeführt damals von unserem Lieblingsdichter Ingo Schulze) gnadenlos ab. Wir drücken die Daumen. 'Fußball ist Krieg ohne Schießen.' Deutschland geschäftsführender Kriegsführer schiebt eine sehr geschäftstüchtige Bugwelle vor sich her. Hell wird's überall, wo Joschka Fischer auftaucht. Wofür allein schon die Fußballmannschaft von Bodyguards sorgt, die kaum einen auch nur in die Nähe seines Verlegers lassen. Fischer trifft Unseld junior, Fischer trifft Ingo Schulze. Fischer bekommt Bücher über Bücher. Und schreibt auch wieder. Bald, sagt Verleger Helge Malchow, soweit er weiß. Nicht die Memoiren, soweit er weiß. Eine Bilanz der sieben Regierungsjahre. Soweit er weiß. 'Kanäle – Adern der Industriellen Revolution' weiterlesen. Zum Inhalt springen. Einst größte Kupfermine der Welt“. Wie in Wales. Die Adern der Welt ein Film von Byambasuren Davaa. Inhaltsangabe: Amar ist 13 und leidet unter einer Krankheit, die ihn bald vollständig erblinden lassen wird. Schon muß er mit Fischer weiter. Am Ende des Tages wird er wissen. Was er getan hat. Der Kanzler ist nicht da. Der Altkanzler schon. Dick steht er bei Droemer im Regal. Als Buch, versteht sich. Noch sind's zwei Wochen, dann erscheinen die Memoiren des Helmut Kohl über die Wendejahre. Da muß Schröder doch mittun. Nächstes Jahr könnte er da stehen. Das ist heißbegehrt. Noch weiß keiner Genaues. Wetten werden angenommen. Es soll eine durchschnittliche Messe sein, hört man. Gestern war's mau. Heute ist's voll. Es begibt sich das Übliche. Die Geschäfte gehen so lala. Untergangspropheten sind verhältnismäßig still. Wie in jedem Jahr werden auf heißen Platten mehr Kochbücher angepriesen, als es der Restaurantkultur in Deutschland gut tun kann. Der Papst geht gut. Die Weltreligionen werden allenthalben so bunt ausgestellt, als warteten sie auf eine erneute Tempelaustreibung. Deutschland entdeckt das Sammelsurium als geistige Lebensform (es gibt mindestens 20 Sammlungen unnützen Wissens). Jedes Fernsehgesicht, das einen Computer anschalten kann oder genug Geld für einen Ghostwriter hat, versucht sich (durchschnittlich nicht mehr als zwei Wochen) im Buchhandel zu verewigen. 'Der Fußball hat dieselbe Funktion in der Gesellschaft wie andere Ausdrucksformen der Kunst: ein guter Film, ein gutes Lied, ein gutes Bild.' Es gibt nicht viele Stellen auf der Messe, wo man im Strom der Wichtigen und der Wichtigheimer innehalten kann. Wohl dafür wurden die Länderschwerpunktländer eingeführt. In Korea kriegt man Luft. Großzügig und aufgeräumt präsentiert sich das Gastland. Man erfährt viel über die fabelhafte Welt der koreanischen Druckkunst. Fein und vornehm in schwarz und weiß gewandete junge Menschen helfen einem bei beinahe allem, vor allem dabei, die U-Books zu bedienen, kleine Taschen-PCs, auf denen 100 koreanische Bücher geladen sind. Man lernt dabei, daß die Zukunft des Buches zwar nicht mehr sinn-, aber immerhin handlich ist. Lernt Pak Kyongni kennen, die Ingo Schulze leicht in den Schatten stellte, weil sie in 25 Jahren einen 16bändigen Romanzyklus zur Welt brachte. Und kommt dem Zustand literarischer Versenkung so nahe wie nirgends sonst auf der Messe. Weswegen wir das Leder ruhen lassen. Die wahre Poesie will eine Frage stellen. 'Der Wind über dem Fluß wirft glitzernde Erinnerung auf, / weht sie nach Frankfurt. / Er blättert in den Seiten des Buches / unterstreicht die fremden Sätze blau, / Wörter, die wie Adern hervortreten / und Fragezeichen, darauf hier und da Blutspuren der Autoren / Ist das Buch tot?' Klare Antwort: Nein.
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April 2019
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